Mehrstufiges Rahmenkonzept – QI-Maßnahmen auf der neonatologischen Intensivstation
Dieses Toolkit zur Qualitätsverbesserung auf der neonatologischen Intensivstation ist ein mehrstufiges Konzept zur Förderung einer langfristigen Versorgung aller Säuglinge mit hohen Dosen eigener Muttermilch. Folgende Punkte werden in dem Konzept beschrieben:
- Was ist Qualitätsverbesserung (QI) auf der neonatologischen Intensivstation?
- Warum ist Qualitätsverbesserung auf der neonatologischen Intensivstation so wertvoll?
Wie bringt man ein QI-Projekt auf den Weg?
Was genau versteht man unter einer Qualitätsverbesserung auf der neonatologischen Intensivstation?
Ziel der Qualitätsverbesserung ist die systematische Optimierung der Laktationsbetreuung auf der neonatologischen Intensivstation sowie der gesundheitlichen Entwicklung der Säuglinge mithilfe von evidenzbasierten Best Practices.
QI ist eine einfache Methode, um vor und nach einer Intervention Daten zu erheben, zu überwachen und zu bewerten und in der Folge Praktiken in der Laktationsbetreuung einzuführen, anzupassen oder aufzugeben.
Qualitätsverbesserung (QI) ist ein kontinuierlicher Prozess und muss von Beginn an eine nachhaltige Planung von Praxisänderungen mit einbeziehen.
Warum ist die Qualitätsverbesserung auf der neonatologischen Intensivstation wichtig?
Für gesunde Mütter und Babys gibt es umfassende Stillförderungsprogramme mit weltweit standardisierten Kennzahlen:1
- Stillen innerhalb einer Stunde nach der Geburt
- Ausschließliches Stillen mit 6 Monaten
Diese Kennzahlen sind jedoch nicht auf die Gruppe der Mütter mit vulnerablen Säuglingen auf der neonatologischen Intensivstation anwendbar.
Die Qualitätsverbeserung auf der neonatologischen Intensivstation ist ein Rahmenkonzept zur systematischen Optimierung der Laktationsbetreuung und der gesundheitlichen Entwicklung vulnerabler Säuglinge durch evidenzbasierte Best Practices.
Wie man eine Qualitätsverbesserung auf der neonatologischen Intensivstation einführt
- Vorbereitung und Planung des QI-Projekts
- Messung von Interventionen in der Laktationsbetreuung
- Überprüfung und Auswertung
- So gestalten Sie die Qualitätsverbesserung auf der neonatologischen Intensivstation nachhaltig
Schritt 1: Vorbereitung und Planung des QI-Projekts
Einrichtung einer Arbeitsgruppe
Die Einrichtung einer Arbeitsgruppe ist ein kollaborativer Ansatz, um das QI-Projekt durch Planung, Intervention, Überprüfung und Umsetzung von Praxisänderungen zu leiten und zu lenken.
Die QI-Arbeitsgruppe ist verantwortlich für:
- Planung und Interaktion mit sämtlichen Beteiligten
- Festlegung der Ziele und Strategien für das QI-Projekt
- Förderung des QI-Projekts
- Zielgerechte Umsetzung der Qualitätsverbesserung
- Aufrechterhaltung von Engagement und Verantwortungsgefühl für den Projekterfolg
- Förderung des organisatorischen Einsatzes
Die Gruppe hat die Aufgabe, die Daten zu prüfen, Schwerpunktbereiche zu ermitteln und Empfehlungen für die Umsetzung von Praxisänderungen zu geben, um die Projektziele zu erreichen.
Es ist hilfreich, mit den „richtigen“ Menschen zusammenzuarbeiten, um sich für die vulnerablen Säuglinge und ihre langfristige Versorgung mit hohen Dosen eigener Muttermilch einzusetzen und effektive Laktationsinterventionen in die tägliche Praxis zu integrieren.
- Neonatologe, Pflegeexperte
- Leitende Hebamme und Leitung der Neonatologie (einschließlich Kreißsaal)
- Klinisches Lehrpersonal für die Neonatologie/Geburtshilfe
- Vertretung des Pflege-/Hebammenpersonals auf der neonatologischen Intensivstation
- Vertretung des Pflege-/Hebammenpersonals auf der Entbindungsstation/im Kreißsaal
- Vertretung des Pflege-/Hebammenpersonals auf der Wöchnerinnenstation
- Stillberaterin oder verantwortliche Person für Säuglingsernährung
- Datenbeauftragter zur Erhebung der Daten
Analyse der aktuellen Situation
Der interaktive Bewertungsbogen für die neonatologische Intensivstation ist ein Instrument, mit dem Sie die Laktationspraktiken in Ihrer Abteilung selbst bewerten können. Bei der Einführung von QI-Maßnahmen in verschiedenen klinischen Bereichen wie neonatologischen Intensivstationen, Entbindungsstationen und Kreißsälen kann es sein, dass dort unterschiedliche Bereiche gut funktionieren oder sich die jeweiligen Lücken, Herausforderungen und Hindernisse von Bereich zu Bereich voneinander unterscheiden.
Schritt 2: Messung von Interventionen in der Laktationsbetreuung
„Ohne Daten sind Sie nur eine weitere Person mit einer Meinung“
Warum ist Datenerhebung wichtig?
- Macht auf Probleme aufmerksam
- Macht Lücken/Defizite deutlich sichtbar
- Liefert quantifizierbare Belege
- Motiviert zum Handeln
- Schafft Dynamik und Motivation
Was sollte gemessen werden?
Es ist wichtig, die richtigen Einflussgrößen zu messen. Die Qualitätsverbesserung (QI) auf der neonatologischen Intensivstation stützt sich auf quantifizierbare Daten:
Bestimmung der Anzahl der
- Abpumpvorgänge im Rahmen des häufigen Abpumpens
- Mütter, die eine vollständige Aufklärung zum Thema erhalten haben
Dokumentation der Zeit bis
- zum ersten Abpumpen
- zur sekretorischen Aktivierung
Messung des Anteils (%)
- von eigener Muttermilch: Spendermilch:Formulanahrung in der Säuglingsernährung
- der Säuglinge, die mehr als 50 ml/kg/Tag erreichen
- ausschließlichen Stillens bei und nach der Entlassung aus der neonatologischen Intensivstation
Es ist wichtig, die Zeit zu berücksichtigen, die für die Extraktion der Daten aus den Aufzeichnungen sowie der Eingabe dieser in das Datenerfassungstool benötigt wird.
Kontinuierliche Datenerfassung
- liefert im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Datenpunkten
- ermöglicht die Erkennung von Trends/Entwicklungen
- ermöglicht die Erkennung von Veränderungen, sobald sie auftreten
Messung der Ausgangslage
Die prospektive Datenerhebung ermöglicht eine Echtzeit-Betrachtung. Es ist wichtig, Daten aus der Zeit vor der Intervention zu haben, um zu sehen, ob die Intervention zu Veränderungen geführt hat.
Die Baseline-Kohorte ist die „Kontrollgruppe“ und muss in Echtzeit Erkenntnisse über die Patienten vor der Intervention liefern. Die Arbeitsgruppe kann Größe und Zeitrahmen für die Baseline-Kohorte festlegen und entscheiden, ob bestimmte Patientengruppen, z. B. Säuglinge unter 1500 g/vor der 32. Woche geboren, untersucht werden. Das Datenerfassungstool unterstützt gruppenselektive Daten für die Analytik.
Änderung umsetzen
Die Umsetzung von Praxisänderungen zugunsten verbesserter Ergebnisse erfordert das Zusammenarbeiten zwischen Personal der Geburtshilfe und von der neonatologischen Intensivstation.
Eine zielgerichtete Aus- und Weiterbildung aller medizinischen Fachpersonen zur Unterstützung von Müttern und Familien, deren Kinder auf der neonatologischen Intensivstation liegen, ist wichtig, damit die Mütter einheitliche Informationen erhalten. Regelmäßige Schulungen sind erforderlich, um bewährte Verfahren zu verbessern und aufrechtzuerhalten.
Schritt 3: Überprüfung und Auswertung
QI ist keine einmalige Intervention wie ein Forschungsprojekt. QI ist ein Prozess der kontinuierlichen Überwachung, Bewertung, Annahme, Anpassung oder Aufgabe von Praxisänderungen.
Eine regelmäßige Überprüfung der Daten ist von entscheidender Bedeutung für:
- die korrekte Erfassung von Daten, Ermittlung fehlender Daten und Einführung einer korrekten Datenerfassung
- die Prüfung der aktuellen Situation in Echtzeit
- die Erkennung von Lücken
- die Durchführung zusätzlicher Schulungen
- Diskutieren Sie als Arbeitsgruppe, was gut läuft, worauf Sie sich als nächstes konzentrieren müssen und wer verantwortlich sein wird
Vergleichen Sie erzielte Fortschritte mit der Ausgangslage und dem Vormonat.
Schritt 4: So gestalten Sie die Qualitätsverbesserung auf der neonatologischen Intensivstation nachhaltig
QI ist ein kontinuierlicher Prozess, die Planung der nachhaltigen Praxisänderung muss von Anfang an integriert werden
Es braucht Zeit, bis neue Interventionen vollständig in die tägliche Standardpraxis integriert sind. Regelmäßiges Erfassen von Daten zur Laktation und Säuglingsernährung bietet die Möglichkeit, die Praxis- und Laktationsergebnisse zu überprüfen, zu bewerten und die Versorgungsqualität aufrechtzuerhalten und zu verbessern.
Regelmäßige Schulungsmaßnahmen zur Laktation ermöglichen es medizinischen Fachpersonen, vorerkrankte Mütter und Mütter, deren Kinder auf der neonatologischen Intensivstation liegen, ggf. schon vor der Geburt mit einheitlichen Informationen und Praktiken zum Thema Laktation zu unterstützen.
1. UNICEF, WHO. Protecting, promoting and supporting breastfeeding: The baby-friendly hospital initiative for small, sick and preterm newborns. Genf, New York: WHO; UNICEF; 2020. 42 p.